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FFH-Richtlinie im Niedersächsischen Naturschutzrecht umgesetzt

Zu den juristischen Kuriositäten, die die Umsetzung europäischer Richtlinien im 
föderalen System der Bundesrepublik hervorgebracht hat, zählt sicherlich das 
"zeitweilig unmittelbar geltende Rahmenrecht" im Bundesnaturschutzgesetz 
(BNatSchG). Die ehrgeizige EG-Richtlinie zur Schaffung des "Europäischen 
ökologischen Netzes 'Natura 2000'" trat bereits im Jahr 1992 in Kraft. Als 1998 die 
verspätete Umsetzung im Bundesrecht erfolgte, ordnete dieses an, dass einige 
Vorschriften bis 2003 unmittelbar gelten und danach nur noch Rahmenrecht darstellen 
sollten. Auf diese Weise erhielten die Länder einen zeitlichen Spielraum für die 
Anpassung ihrer Naturschutzgesetze. 

Rechtzeitig vor Ablauf dieser Frist hat der Niedersächsische Landtag in seiner letzten 
Sitzung vor der Wahl einstimmig die entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften 
beschlossen (LT-Drucks. 14/4055, erhältlich unter der Internet-Adresse 
"www.landtag-niedersachsen.de" in der Rubrik "Infothek"). 

Die neuen §§ 34a - 34c NNatG lehnen sich inhaltlich eng an §§ 33 - 37 BNatSchG 
sowie die Definitionen in § 10 BNatSchG an. 
Zu den Besonderheiten gehören zwei Regelungen über die Entstehung von 
Europäischen Vogelschutzgebieten, die gemäß der EG-Richtlinie zum Schutz der wild 
lebenden Vogelarten auszuweisen sind. § 34b Abs. 1 NNatG regelt - erstmals im 
deutschen Recht -, dass hierfür ein Beschluss der Landesregierung mit anschließender 
Bekanntmachung maßgeblich ist. § 34a Abs. 2 NNatG definiert das Europäische 
Vogelschutzgebiet unter Bezug auf dieses Verfahren und schafft damit Rechtssicherheit 
auch für die Fälle, in denen eine solche Erklärung bereits erfolgt ist (vgl. dazu die 
Bekanntmachung des Nds. MU vom 23.7.2002, Nds. Ministerialblatt 2002, S. 717). 

Zu den eigenen Akzenten des niedersächsischen Landesrechts gehört weiterhin die 
Klarstellung, dass der vorläufige gesetzliche Schutz für Natura 2000-Gebiete nach 34b 
Abs. 5 NNatG (entspr. § 33 Abs. 5 BNatSchG) unter denselben Voraussetzungen 
ausnahmsweise durchbrochen werden kann, unter denen auch ein unverträgliches 
Projekt zugelassen werden kann. Der vorläufige Schutz soll nicht strenger sein als der 
Schutz nach der innerstaatlichen Unterschutzstellung. 

Im Hinblick auf die FFH-Verträglichkeitsprüfung hat der Landesgesetzgeber in 
Niedersachsen jetzt klargestellt, dass eine gebietsbezogene Schutzregelung (z.B. als 
Naturschutzgebiet oder Landschaftsschutzgebiet) nur dann für die Bewertung eines 
Projektes maßgeblich ist, wenn sie auch wirklich die Natura 2000-Schutzgüter betrifft 
(§ 34c Abs. 1 Satz 2 NNatG, entspr. § 34 Abs. 1 Satz 2 BNatSchG). Damit wird deutlich, 
dass nicht jede Schutzgebietsbestimmung, die in einem Natura 2000-Gebiet existiert, 
automatisch für die Bewertung von FFH-Projekten bedeutsam ist (z.B. keine 30 Jahre 
alte LSG-Verordnung). In Zukunft werden die Naturschutzbehörden deutlich machen 
müssen, inwieweit ihre Schutzregelungen diesen rechtlich geforderten Bezug besitzen 
und wo er eventuell fehlt. 

Hinsichtlich der Behördenzuständigkeit für FFH-Verträglichkeitsprüfungen und etwaige 
Ausnahmen bei Unverträglichkeit bestätigt das Gesetz die Verwaltungspraxis, wonach 
diese Themen in einem anderweitig geregelten Zulassungsverfahren als unselbständiger 
Teil mit abgearbeitet werden (§ 34c Abs. 7 NNatG). Mit der Naturschutzbehörde ist das 
Benehmen herzustellen. 

Deutlicher als § 34 Abs. 5 BNatSchG arbeitet das NNatG in § 34c Abs. 5 die Verantwortlichkeit 
des Projektträgers für die Maßnahmen zur Kohärenzwahrung heraus, die vorgeschrieben sind, 
wenn unverträgliche Projekte ausnahmsweise zugelassen werden. Diese Regelung entspricht 
dem Verursacherprinzip. Kann der Projektträger die notwendigen Maßnahmen nicht selbst 
durchführen, weil z.B. ein hoheitlicher Schutz für bestimmte Flächen geschaffen werden muss, 
so hat er die Kosten zu tragen. Die zulassende Behörde ist verpflichtet, mit der Zulassung auch 
die notwendigen Regelungen zu dieser Thematik zu treffen. Damit wird einige Unklarheit, die 
das Bundesrecht hinterlassen hatte, für Niedersachsen beseitigt. 

Zu den bemerkenswerten Klärungen gehört schließlich § 34c Abs. 8 NNatG, der sich mit dem 
Verhältnis der FFH-Verträglichkeitsprüfung zu dem Befreiungserfordernis nach nationalem Recht 
in einem Schutzgebiet (§ 53 NNatG) befasst. § 37 Abs. 2 BNatSchG sieht als Rahmenrecht vor, 
dass die FFH-Verträglichkeitsprüfung bei einer Schutzgebietsvorschrift entfällt, die "strengere 
Anforderungen" aufstellt. Dieser Wegfall soll aber auch nur teilweise gelten. Die verschiedenen 
Ungereimtheiten dieser BNatSchG-Vorschrift setzt § 34c Abs. 8 NNatG nun in eine klare Linie um: 
Wenn die nach "herkömmlichen" Gebietsschutzvorschriften erforderliche Befreiung oder Ausnahme 
nicht erteilt werden kann, entfällt die FFH-Verträglichkeitsprüfung - sie wäre in diesem Fall für das 
unzulässige Vorhaben auch überflüssig. In allen anderen Fällen bleibt es rechtlich bei dem 
Nebeneinander von FFH-Ausnahme und Befreiung. Die Planer, die an einem solchen Projekt 
mitzuarbeiten haben, sind vor die Aufgabe gestellt, möglichst "multifunktionale" 
Kompensationsmaßnahmen zu finden, die beide rechtlichen Anforderungen erfüllen 
(und im Idealfall auch noch die allgemeine Eingriffsregelung mit abarbeiten).